Max Planck und der AGV
Der Max-Planck-Saal, einer unserer meist genutzten Säle, wurde nach unserem Bundesbruder, dem Physiker und Nobelpreisträger Max Planck, benannt. Wie seine beiden älteren Brüder Hermann und Adalbert trat Max Planck bereits als junger Student in den AGV ein. Der AGV verdankt dem musikalisch hoch begabten Max Planck ein großes Engagement und tatkräftige Mitwirkung selbst noch fünf Jahre als Philister. Umgekehrt verdankt Max Planck dem AGV eine Erweiterung seiner Bildung und lebenslange Freunde.
Max Planck war in den ersten drei Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts in Deutschland die unumstrittene Autorität in der Physik. Dies war auch daran zu erkennen, dass bei den international hoch angesehenen „Annalen der Physik“, die von der „Deutschen Physikalischen Gesellschaft“ herausgegeben wurde, insbesondere die Mitarbeit von Max Planck hervorgehoben ist.
So war es wohl auch Max Planck, der 1905 die drei grundlegenden Arbeiten von Albert Einstein redigierte. Er hat jedenfalls als erster über die Relativitätstheorie vorgetragen und für ihre Anerkennung gesorgt. Max Planck war der Hauptförderer von Albert Einstein, den er 1914 nach Berlin holte. Beide verband eine lebenslange Freundschaft, obwohl ihre Charaktere und oft auch ihre Ansichten verschieden waren. Die Aufgeschlossenheit und die Integrationsfähigkeit von Max Planck waren bewundernswert und können nur durch eine optimale Persönlichkeitsentwicklung erklärt werden.
„Du kannst Dir nicht denken, was für nette Menschen ich hier zu meinen Freunden zähle, ebenso tüchtig und talentvoll wie anspruchslos und unaffektiert.“
Max Planck wird Mitglied im AGV
Diese fand in München statt. Max Planck war erst 16 Jahre alt, als er im WS 1874/75 im AGV aktiv wurde. Zu unserer Freude fand er im AGV enge Freunde, die zwar zum Teil charakterlich ganz anders waren als er und die auch oft andere Meinungen vertraten, mit denen er aber lernte, vorurteilsfrei zu diskutieren. Welche Studenten damals im AGV sich zusammenfanden, ist einem Brief von Carl Runge an seine Mutter zu entnehmen:
Carl Runge diskutierte z.B. mit Max Planck auch über die Frage, ob die christliche Kirche der Welt mehr genützt oder geschadet habe. Neben dem gemeinsamen Musizieren brachten auch ausgedehnte Wanderungen einige AGVer in engeren Kontakt miteinander. So bildete sich schließlich ein enger Freundeskreis von vier AGVern, nämlich Bernhard Karsten, Adolf Leopold, Max Planck und Carl Runge, die von 1878 bis 1927 ein Brieftagebuch führten, bis nur noch zwei übrig geblieben waren, so dass das zirkulierende Oktavheft nicht mehr benötigt wurde. Die gemeinsamen Münchner Jahre beim AGV begründeten eine lebenslange Freundschaft.
Dank schuldet der AGV Max Planck für sein großes musikalisches Engagement, das seine hohe musikalische Begabung ermöglichte. Max Planck seinerseits war wohl froh, beim AGV musizieren zu können, denn er dachte anfänglich auch daran, Musik zu studieren. Doch als er einen Professor nach den Aussichten eines Musikstudiums fragte, erhielt er die Antwort:
„Wenn sie schon fragen, studieren Sie etwas anderes!“
Musisches Engagement im AGV
Ab dem 3. Semester wirkte Max Planck zwei Jahre lang als 2. Chormeister im Chor des AGV. Er war mit dem absoluten Gehör begabt und hatte neben dem Klavierspiel als Schüler gelernt auch Orgel und Violoncello zu spielen. Max Planck komponierte die Operette „Die Liebe im Walde“ für die Antrittskneipe der Aktivitas, die leider verschollen ist.
„Jeder staunte, […] die heiteren und lieblichen Melodien zu hören, welche unser kunstgeübte Chormeister den Mitwirkenden in den Mund gelegt hatte“
, stand im Jahresbericht.
Max Planck promovierte 1879 in München, nachdem er ein Jahr Vorlesungen über theoretischer Physik in Berlin hörte, die nicht in München vertreten war, und habilitierte sich bereits mit 22 Jahren 1880 in München. Hier blieb er fünf Jahre als unbesoldeter Privatdozent, wohnte bei seinen Eltern und „lag diesen weiter auf der Tasche“
, wie er einmal feststellte.
Im AGV blieb er musikalisch aktiv und sang auch als Solist. So wurde berichtet, dass Max Planck u. a. als Gräfin Miranda auftrat: „Seine perlende Koloratur, sein ungezwungenes Spiel ließen sofort die prima donna assoluta erkennen“
hieß es.
Im Brieftagebuch schrieb er am 25. März 1884:
„…Wie sehr freue ich mich darauf, wenn er [Adolph Leopold] sein heilig gegebenes Versprechen hält, und in 2 Jahren, zum 25j. Stiftungsfest der akad. Ges. Ver., wieder hierher kommt, zum ersten Mal wieder seit den lang hinter uns liegenden Studentenjahren. Schon jetzt werden hier Vorbereitungen dazu gemacht, so soll eine Fest-Operette (Dichtung und Composition) zur Preisbewerbung aus geschrieben werden, bei welcher Concurrenz sich jeder Aktive und Philister betheiligen kann.“
Max Planck wird Philister
Als Max Planck 1885 als a. o. Professor für mathematische Physik nach Kiel berufen wurde, schloss der Bericht über eine Aufführung mit den Worten:
„In Wehmut windet sich meine Feder, wenn ich heute hieher konstituieren muß, daß dem Verbandstheater inzwischen durch den Verlust von zweien dieser unversetzbaren Kräfte, nämlich Planck und Rubner, eine kaum ersetzbare Wunde geschlagen wurde, indem Beide sich außerhalb Münchens eine Beschäftigung suchten. Es wird schwer werden, eine solche bella donna Colorado und einen solchen primo tenore abstinuto wieder zu finden. Weinen wir mit Goethe dem Verdienste eine Krone nach!“
Die Musik war auch später für Max Planck wichtig. So spielte er bei sich zu Hause oft mit Albert Einstein an der Geige, Erwin Planck, seinem 2. Sohn aus erster Ehe, geboren in Berlin 1893, am Cello und er selbst am Klavier. Dieser Erwin Planck wurde noch 1945 am 23. Januar als Mitwisser des Anschlags vom 20. Juli 1944 hingerichtet. Als Max Planck dies erfuhr, versuchte er Trost beim Klavierspiel zu finden.
In Kiel traf er mit zweien von den 3 anderen AGVern des Brieftagebuchs zusammen, die selbst auch wie Max Planck aus Kiel stammten. Er heiratete 1887 Marie Merck, die Tochter vom Bankier Merck, die er in München kennen gelernt hatte. Ein Jahr darauf wurde er Vater eines Buben namens Karl und 1889, noch vor der Umsiedelung nach Berlin, wohin er als Professor für theoretische Physik berufen wurde, Vater der Zwillinge Emma und Grete. In Berlin blieb er dann bis sein Haus im Februar 1944 durch einen Luftangriff zerstört wurde und all seine Habe in Flammen aufging.
Erfolge des AGVer Max Planck
Das goldene Doktorjubiläum 50 Jahre nach seiner Promotion in München am 28. Juni 1929 wurde mit der Stiftung der goldenen Max-Planck-Medaille durch die Deutsche Physikalische Gesellschaft gefeiert. Die ersten beiden Medaillen erhielten Albert Einstein und Max Planck selbst.
Zu Recht heißt es beim Bild von Einstein und Planck in der Vossischen Zeitung: Deutschlands große Physiker.
Bei Albert Einstein denkt man gerne an die berühmte Gleichung E = mc² , nach der die Energie proportional zur Masse ist, und die Einstein bereits 1905 fand.
Doch auch von Max Planck gibt es eine mindestens genauso bedeutende aber leider nicht so populäre Gleichung, nämlich E = h·ν bzw. E = h·f , wenn man für die Frequenz f statt ν setzt.
h ist das von Planck 1900 gefundene Wirkungsquantum, es gibt die Größe der Quantensprünge an. Diese Quantensprünge sind bei Licht z.B. winzig klein, obwohl man doch mit “Quantensprung” gewöhnlich einen großen Sprung in der Entwicklung meint. Und wirklich, die Entdeckung der Existenz der Quanten durch Max Planck bedeutete eine Revolution der Physik der Atome und damit auch der Materie und der elektromagnetischen Wellen. Die revolutionäre Erkenntnis fand er allein durch die mathematische Beschreibung der experimentell gefundenen Messkurve der Strahlung eines heißen Körpers und die Deutung der mathematischen Formel. Dies war ein Beispiel dafür, dass durch die Mathematik neue physikalische Erkenntnisse gewonnen werden können.
Die Londoner Royal Society hatte zur wegen des Krieges verschobenen Feier des 300. Geburtstags von Newton (1643 – 1727) im Juli 1946 Max Planck als einzigen Deutschen eingeladen. Der Zeremonienmeister stellte ihn als Prof. Planck, Vertreter von „no country“ vor.
Hinterlassenschaften Max Plancks
Um die „Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft“ zu retten, übernahm Max Planck nach dem Krieg kommissarisch für Otto Hahn wieder die Präsidentschaft und gestattete mit Freude die Umbenennung in „Max-Planck-Gesellschaft“.
Die Bundesrepublik Deutschland ehrte ihn, der mit 89 Jahren am 4. Oktober 1947 starb, später mit der Prägung der 2 DM-Münze, die in den ersten Jahren nur sein Portrait trug.
Einstein schrieb anlässlich Max Plancks Tod an seine Witwe:
„…Die Stunden, die ich in Ihrem Hause verbringen durfte, und die vielen Gespräche, welche ich unter vier Augen mit dem wunderbaren Manne führte, werden für den Rest des Lebens zu meinen schönsten Erinnerungen gehören. Daran kann die Tatsache nichts ändern, daß uns ein tragisches Geschehen auseinander gerissen hat.
Mögen Sie in den Tagen der Einsamkeit Trost darin finden, daß Sie in das Leben des verehrten Mannes Sonne und Harmonie gebracht haben.
Von ferne teile ich mit Ihnen den Schmerz des Abschiedes.“
Lise Meitner, die eine Schülerin von Max Planck war, sagte, dass die Formulierung von Max Planck über einen befreundeten Musiker: Joachim sei auch als Mensch so wunderbar gewesen, daß, wenn er in ein Zimmer kam, die Luft im Zimmer besser wurde;
genau auf ihn selber zutraf.
Wir AGVer erinnern uns mit Freude und Dankbarkeit an Max Planck als den in vielerlei Hinsicht bewundernswerten und vorbildhaften Bundesbruder.
Bildnachweis:
- Max Planck 1880: Max-Planck-Gesellschaft
- Max-Planck-Medaille: Deutsche Physikalische Gesellschaft